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Viskosefaser/ Modalfaser

Als Viskosefasern werden Chemiefasern (Celluloseregeneratfasern) bezeichnet, die ausgehend von Cellulose, heute überwiegend in Form von Holzzellstoff, mit Hilfe des Viskoseverfahrens, dem am weitest verbreiteten Nassspinnverfahren, industriell ersponnen werden. Der Zellstoff wird in nacheinander folgenden Prozessstufen durch Behandlung mit Natronlauge, wodurch sich Alkalicellulose bildet, und deren anschließender Umsetzung mit Schwefelkohlenstoff zu Cellulose-Xanthogenat umgewandelt. Durch eine weitere Zugabe von Natronlauge wird die Viskose-Spinnlösung erzeugt, die durch Löcher von brausenartigen Spinndüsen in das Spinnbad gepumpt wird. Dort entstehen durch Koagulation pro Spinndüsenloch ein Viskose-Filament. Durch Verstrecken und weitere Bearbeitungsschritte und dem Zusammenfassen der einzelnen Filamente entstehen Viskosefilamentgarne bzw. durch zusätzliches Schneiden Viskosespinnfasern. Früher wurden die Viskose-Filamentgarne als Reyon oder Kunstseide, die Spinnfasern als Zellwolle bezeichnet. [1][2]
Die chemische Zusammensetzung der Viskosefasern (Grundbestandteil Cellulose) ähnelt dabei der von Baumwolle.

Verwendung
Die Verwendung von Viskosefasern ähnelt wegen der gemeinsamen Basis Cellulose und den damit verbunden bekleidungsphysiologischen Eigenschaften der von Baumwollfasern. Wegen der viel größeren Variationsmöglichkeit in der Fasergeometrie (Länge, Kräuselung, Feinheit, Querschnittsform) übertrifft sie aber in vielen Anwendungseigenschaften die von Baumwollfasern. Bedeutend für die Verarbeitung und damit für die Verwendung ist auch, dass aus Viskose nicht nur Spinnfasern wie bei Baumwolle zur Verfügung stehen, sondern Filamente (Endlosfasern) hergestellt werden können.

•  Beispiele für die Verwendung im Bekleidungs- und Heimtextiliensektor sind:[3]
• Garne aus 100 % Viskose-Spinnfasern oder in Mischung mit Baumwoll-, Woll- , Polyester- oder Polyacrylnitrilfasern werden
o zu Stoffen für Oberbekleidung, wie Kleider, Blusen, Hemden, Anzüge und Mäntel,
o wegen ihrer hohen Saugfähigkeit auch zu Stoffen für Unterbekleidungsartikel,
o zu Deko- und Möbelstoffen sowie Stoffen für Bett- und Tischwäsche verarbeitet.
• Viskose-Filamentgarne werden insbesondere für Kleider-, Blusen- und Rockstoffe sowie für Futterstoffe verwendet, wobei die Stoffe vorrangig Gewebe, aber auch Strick- und Wirkwaren sind
• Viskose-Kurzfasern (Faserlänge 0,5 bis 1 mm) finden zum Beflocken von z.B. T-Shirts mit plastischen Motiven Anwendung
• In Mischung mit Polyesterfasern werden Viskosefasern auch im Bekleidungssektor für näh- und fixierbare Einlagevliesstoffe genutzt
•  Herstellung (Viskoseverfahren)

Als Ausgangsmaterial für Viskosefasern dient Zellstoff, welcher seinerseits aus Holz von Buchen, Fichten, Eukalyptus, Pinien, Bambus oder ähnlichen stammt. Die verwendete Zellstoffqualität unterscheidet sich von der Papierzellstoff-Qualität dadurch, dass die Kettenlänge der Cellulosemoleküle kürzer und die Reinheit höher ist. Der Zellstoff für die Viskoseproduktion enthält weniger Restlignin und weniger Hemizellulosen beziehungsweise Pentosane. Er hat eine bessere Reaktivität gegenüber Natronlauge und Schwefelkohlenstoff und eine bessere Löslichkeit in Natronlauge nach erfolgter Xanthogenierungsreaktion.
Für die Herstellung [7] einer Spinnmasse für das Erspinnen der Viskosefasern wird im klassischen Viskoseverfahren der Zellstoff zunächst mit Natronlauge versetzt. In der wässrigen Natronlauge quillt die Cellulose (Mercerisierung). Auf diese lässt man Schwefelkohlenstoff (CS2) einwirken. Dabei entsteht Natriumxanthogenat (Xanthat). Das orangegelbe Xanthat bildet in wässriger, verdünnter Natriumhydroxid-Lösung eine viskose Lösung. Daher stammt auch der Name der Viskose-Lösung in diesem Reaktionsstadium. Diese Masse mit einer Konsistenz ähnlich der von warmem Honig stellt die Viskose-Spinnmasse dar. Nach zwei- oder dreifacher Filtration, Nachreifung und Entlüftung besitzt dann diese Spinnmasse die geeignete Viskosität zur Wiederausfällung der Cellulose als Viskosefäden. Diese alkalische Lösung wird dazu durch Düsen in schwefelsaure Salzlösungen gepresst.

Konfektionierung
Für ein baumwolleähnliches Aussehen werden die Viskosefasern in einem Nachbehandlungsprozess gewaschen und gebleicht. Chlor-freie Bleiche und der Einsatz von chlorfrei hergestelltem Zellstoff ist in Europa bereits die Regel. Um den Viskosefasern für die Weiterverarbeitung günstige Gleiteigenschaften zu geben, werden vor deren Trocknung noch Avivagen – seifenähnliche Substanzen – im Promillebereich auf die Oberfläche der Fasern aufgebracht.
Die Viskosefasern (Stapelfaser) kommen in Ballen mit einem Gewicht von etwa 250 bis 350 Kilogramm und einer Reprise (handelsübliche Restfeuchte) von etwa elf Prozent auf den Markt. Viskosefäden werden mit Spulengewichten von etwa 1,5 bis 6,0 Kilogramm aufgewickelt. Hierbei werden üblicherweise Titer zwischen 40 und 660 dtex gesponnen.
Aus Viskose lassen sich grundsätzlich verschiedene Produkte des alltäglichen Lebens, wie Stapelfasern, Filamentfasern, Verpackungsfolien und Kunstdärme mit und ohne Faservliesverstärkung herstellen.

Verwandte Produkte
Modalfaser
Ein ähnliches Produkt wie Viskosefasern sind Modalfasern. Sie bestehen ebenfalls zu 100 Prozent aus Cellulose und werden wie Viskosefasern aus natürlichem Zellstoff hergestellt, dessen Ausgangsstoff entrindetes und anschließend zur Trennung vom Lignin in streichholzgroße Stücke zerkleinertes Eukalyptus-, Pinien- oder Buchenholz ist. Ausgangsstoff für die Gewinnung von Modalfasern hingegen ist stets nur Buchenholz. Durch einen etwas unterschiedlichen Prozess erreicht man bei den Modalfasern höhere Faserfestigkeiten und verbesserte Fasereigenschaften. Außerdem besitzt die Modalfaser eine höhere Feuchtigkeitsaufnahme und trocknet schnell.

Tencel- und Lyocellfaser
Ebenfalls in die Klasse der zellulosischen Fasern sind die Tencel- und Lyocellfasern einzuordnen. Diese werden mit dem gleichen Grundprozess hergestellt. Nach dem Kauf der Marke Tencel durch die österreichische Lenzing AG (Lyocell) wurde der Markenname Tencel von Lenzing übernommen, weil dieser einen höheren Bekanntheitsgrad hat als die Marke Lyocell. Bei den Tencel-/Lyocellfasern wird der Zellstoff durch das ungiftige Lösungsmittel NMO (N-Methylmorpholin-N-oxid) ohne vorherige Reaktion mit Natronlauge und Derivatisierung zum Xanthogenat direkt und unverändert aufgelöst. Das Verspinnen der Tencel-/Lyocellfasern erfolgt in einem verdünnten, wässrigen NMO-Bad, wobei die Löslichkeitsgrenze der Cellulose überschritten und dadurch ein Faden gebildet wird.

Umwelt- und Trageeigenschaften
Viskose-, Modal- und Tencel-/Lyocellfasern sind künstlich hergestellte Fasern aus dem Naturstoff Cellulose. Aufgrund ihres Wasseraufnahmevermögens (Pufferung, Weiterleitung) ist daraus hergestellte Kleidung angenehm zu tragen. Risiken und Hautirritationen entstehen daher gegebenenfalls nur aufgrund des Färbens oder der Ausrüstung der Faser. Das Rohmaterial für diese Fasern ist Zellstoff, welcher aus Holz durch die Entfernung der Bindestoffe (Lignin) direkt und ohne chemische Umwandlung hergestellt wird. Die Umsetzung des Zellstoffes zum Zellulosexanthogenat im klassischen Viskosefaserprozess dient nur zur Erzielung einer Löslichkeit und endet schließlich nach dem Spinnen wieder im Ausgangsmaterial Cellulose.
Im Vergleich zu echten Synthetikfasern, deren Rohmaterialien aus Erdöl oder Erdgas hergestellt werden, bestehen Viskosefasern aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz. Nach Herstellerangaben [9]sind die Fasern biologisch abbaubar. Der Energie- und Wasserverbrauch bei Herstellung und Verarbeitung ist wesentlich geringer als bei Baumwolle. [10] Überdies entfallen die beim Baumwollanbau meist eingesetzten Herbizide und Pestizide, die sich außer in der Umwelt zuweilen auch in Kleidungsstücken wiederfinden.
Ein Problem sind die beim Herstellungsprozess entstehenden Stoffe, die teilweise ungesund und umweltschädlich sind: Schwefelwasserstoff (H2S) und Schwefelkohlenstoff (CS2) sind Nervengifte und in gewissen Mengen tödlich, Schwefelkohlenstoff ist darüber hinaus außerordentlich leicht entflammbar. [11]

Einzelnachweise
1. Burkhard Wulfhorst: Textile Fertigungsverfahren – Eine Einführung. Carl Hanser Verlag, München/Wien 1998, ISBN 3-446-19187-9, S. 40f
2. Hans-J. Koslowski: Chemiefaser–Lexikon. 12. erweiterte Auflage. Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-87150-876-9, S. 242
3. Walter Loy: Die Chemiefasern – ihr Leistungsprofil in Bekleidungs- und Heimtextilien. Fachverlag Schiele & Schön, Berlin 1997, ISBN 3-7949-0618-7, S. 37–41.
7. W. Burchard: Polysaccharide - Eigenschaften und Nutzung. Springer-Verlag, 1985, ISBN 3-540-13931-1, S. 91–93.
9. Lenzing: Botanische Faser
10. ecoproduct.at: Viskose (Version vom 12. Januar 2012 im Internet Archive)
11. Institut für Chemie und Biochemie an der FU Berlin: Viskoseverfahren




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