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Flachsfaser

Als Leinen oder Flachs (altgr. linon und lat. linum,Lein‘) wird sowohl die Faser des Gemeinen Leins als auch insbesondere das in der Leinenindustrie daraus gefertigte Gewebe bezeichnet, Letzteres auch Leinwand, Leintuch oder Linnen genannt. Seit dem späten 19. Jahrhundert wurde Leinen in der Textilindustrie fast völlig durch Baumwolle verdrängt, gewinnt aber seit dem Ende des 20. Jahrhunderts als ökologische Naturfaser wieder an Bedeutung.

Die Faser
Die Flachs- oder Leinenfaser wird aus den Stängeln der Flachspflanze gewonnen und zählt zu den Bastfasern. Die Leinenfasern bilden Bündel, im Gegensatz zu Samenfasern wie Baumwolle, die aus unverbundenen Einzelfasern bestehen. Die 2,5 bis 6 Zentimeter langen Elementarfasern aus Zellulose sind durch Pektine zu den 50 bis 90 Zentimeter langen Faserbündeln, den technischen Fasern, verbunden. Weitere Bestandteile der Faser sind Hemicellulose und Lignin. Die Menge der einzelnen Bestandteile ist abhängig vom Reifegrad der Faser, durchschnittlich besteht eine Flachsfaser zu 71 % aus Cellulose, 18,6–20,6 % Hemicellulose, 2,3 % Pektin und 2,2 % Lignin und etwa 1,7 % Wachs, welches zum größten Teil auf der Faseroberfläche zu finden ist. [2]Durch Kotonisierung (oder auch als Kotonisieren, [3]Cotonisieren [4]bzw. Cottonisieren [5]bezeichnet) können die Bündel mittels verschiedener Verfahren in Elementarfasern zerlegt werden. Da das Kottonisieren vorrangig auf dem Einsatz dünner Laugen zum Auflösen der Pektine beruhte, wurde es in Europa längere Zeit aus Gründen des Umweltschutzes nicht mehr praktiziert. Erst seitdem seit Ende des 20. Jahrhunderts Aufschlussverfahren wie das Dampfaufschlussverfahren, verbessert mechanische Verfahren und Ultraschallverfahren angewendet werden, ist es wieder aktuell.
Der so erzeugte Flockenbast (Flockenflachs) passt mit seiner Faserlängenverteilung von bis zu 40 mm in den Längenbereich der Baumwollfaser und kann deshalb in der Kurzstapelspinnerei (Dreizylinderspinnerei, Baumwollspinnerei) in reiner Form oder in Mischung mit anderen Kurzfasern zu Garnen versponnen werden. [6]
Ernte
Bei der Ernte werden die Leinpflanzen mittels spezieller Maschinen mit den Wurzeln aus dem Boden gerauft, das heißt ausgerissen, da beim Mähen die Fasern zerstört werden. Die Ernte erfolgt bei Gelbreife, dann sind im unteren Drittel die Blätter bereits abgefallen. Das Stroh wird in Schwadlage auf dem Boden abgelegt und parallel ausgerichtet. Beim anschließenden Trocknen reißt die Epidermis auf, so dass hier später Mikroorganismen eindringen können. Durch das Riffeln werden die Samenkapseln entfernt. Das Riffeln kann auch nach der Röste erfolgen. Bei der Röste oder Rotte wird durch Bakterien und Pilze die Bindung zwischen den Faserbündeln und dem sie umgebenden Gewebe gelöst. Die Rotte muss zum richtigen Zeitpunkt unterbrochen werden, um eine Schädigung der Fasern zu verhindern. [7]
Die heute vorherrschende Röstmethode ist die Tauröste, die auf rund drei Vierteln der Anbauflächen weltweit angewendet wird, vor allem in Gebieten mit ozeanischem Klima, da hierzu Taufeuchte benötigt wird. Dabei wird das Flachsstroh auf den Feldern liegengelassen. Durch die Taufeuchte bauen Bakterien und Pilze die Pektine ab. Dieses Verfahren ist relativ umweltfreundlich, auch gelangen die Nährstoffe während der Röste teilweise wieder in den Boden zurück. Nachteile sind die Witterungsanfälligkeit und die lange Dauer. In manchen Gebieten, wie in Osteuropa, Belgien, China und Ägypten wird die Warmwasserröste eingesetzt. Hier wird das Stroh drei bis vier Tage in Bassins mit 28 bis 40 °C warmem Wasser geröstet. Dies führt durch die Abwässer zu recht hohen Umweltbelastungen. Ein historisches Verfahren ist die Kaltwasserröste, bei der das Flachsstroh in Teichen oder in Wassergräben geröstet wurde. Chemische Verfahren zur Röste haben sich nicht durchgesetzt, da sie meist auch die Flachsfasern angreifen. Enzymatische Verfahren haben sich aus Kostengründen nicht durchgesetzt.
Gewinnung der Fasern[7]
Nach der Röste wird das Stroh wieder getrocknet und in die Verarbeitungsbetriebe (Schwingerei) gebracht. Hier wird das Stroh zunächst gebrochen: der Holzkern wird in kleine Stücke, Schäben genannt, zerkleinert. Beim anschließenden Schwingen werden die Schäben vom Flachs getrennt, dabei fällt auch der Schwungwerg an, kurze Flachsfasern. Schäben und Schwungwerg werden in einer Wergreinigungsanlage voneinander getrennt. Der Flachs wird gehechelt und dabei parallelisiert und weiter gereinigt. Die Flachsfasern, auch als Langfasern bezeichnet, verlassen die Schwingerei zu Zöpfen gedreht und werden so in die Spinnereien gebracht.
Kurzfasern fallen entweder bei der Langfasergewinnung als Nebenprodukt an, oder die gesamte Produktion ist auf Kurzfasern ausgerichtet. Dann erfolgt die Verarbeitung in einer sogenannten Kurzfaserlinie: das Stroh wird nicht parallel liegend verarbeitet. Die dabei entstehenden Kurzfasern sind nicht so hoch gereinigt wie die Langfasern und werden vor allem für technische Zwecke verwendet.


Verarbeitung der Flachsfaser schematisch
Brechen, Schwingen, Hecheln

„Verarbeitung der Flachsfaser“ von Jakob j - Eigenes Werk. Lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Verarbeitung_der_Flachsfaser.svg#mediaviewer/Datei:Verarbeitung_der_Flachsfaser.svg

Flachsfasern

„Vlasvezels“. Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Vlasvezels.JPG#mediaviewer/Datei:Vlasvezels.JPG

Textile Weiterverarbeitung
Spinnen
Beim Spinnen werden die Fasern zu Fäden versponnen. Lang- und Kurzfasern werden dabei unterschiedlich gehandhabt, es wird zwischen Trocken- und Nassspinnverfahren unterschieden. [8]
Langfasern werden vor dem Verspinnen zu einem Band vereinigt, mehrfach gestreckt und mit anderen Bändern vermischt (doubliert), um so eine möglichst homogene Qualität zu erreichen. Langfasern werden meist nass zu hochwertigen Fäden versponnen. Die Bänder werden zu feinen, homogenen Fäden gestreckt. In einem Warmwasserbad bei 70 °C lösen sich die Pektine, so dass sich die Fasern leichter gegeneinander verziehen. Nach dem Aufwickeln auf Garnspulen wird das Garn bei rund 80 °C getrocknet.
Bei Kurzfasern wird durch Aufrauen (Kardieren) ein flächiges „Vlies“ produziert, das zu einem Band reduziert wird. Dieses Band wird gekämmt (gehechelt), um es von Schäben und zu kurzen Fasern zu reinigen. Dann wird das Band gestreckt und wie die Langfasern doubliert. Kurzfasern werden in der Regel trocken versponnen. Die entstehenden Garne sind rau und fühlen sich gleichzeitig weich an.
Weben
Gewebt wird Leinen in der klassischen Leinwandbindung, aber auch Jacquard, Köper und andere Bindungsarten sind üblich. Batist, Schleier und Linon wurden ebenfalls aus Flachs hergestellt, man zählte sie jedoch nicht zum Leinengewebe. Beim Weben von Leinen muss für die Kettfäden ein sehr gleichmäßiges und damit teures Garn verwendet werden. Kettfäden mit den für Leinen typischen Unregelmäßigkeiten würden unter der Scheuerbelastung leiden und zu oft reißen.
Halbleinen ist ein Gewebe mit einem Mindestgehalt an Leinenfasern, es wird typischerweise mit Leinen als Schuss und meist Baumwolle-Kettfäden gewebt.
Eigenschaften
Textilfaser
Gegenüber anderen Bastfasern ist die Leinenfaser gut teilbar und fein verspinnbar, was sie für Wäsche und Kleidung auszeichnet. Die Leinenfaser ist glatt und das Leinengewebe schließt wenig Luft ein, so ist Leinen flusenfrei und wenig anfällig gegen Schmutz und Bakterien, die Faser ist von Natur aus bakteriozid, fast antistatisch und schmutzabweisend.
Leinen nimmt bis zu 35 % Luftfeuchtigkeit auf und tauscht diese Feuchtigkeit auch schnell mit der Umgebungsluft aus, wirkt somit kühlend, ist dennoch trocken wärmend. Deswegen wird das Gewebe gern für Sommerbekleidung eingesetzt. Die Wasserhaltung auf der Oberfläche ist auch Ursache der antistatischen (und damit schmutzabweisenden) Eigenschaft. Die Leinenfaser ist sehr reißfest und extrem unelastisch. Aufgrund der geringen Elastizität ist Leinen knitteranfällig; die Reißfestigkeit macht das Leinen strapazierfähig und langlebig. Leinen ist stark und muss nicht wie Baumwolle nachgestärkt werden. Es hat natürlichen Glanz und Stärke.
Anfällig ist Leinen jedoch gegenüber Reibung. Seine Scheuerfestigkeit ist geringer als die der Baumwolle; es sollte deswegen bei Wäsche der Schongang eingesetzt werden oder bei Handwäsche nur gestaucht und nicht gerieben werden.
Leinen ist gegen Waschlaugen, Waschmittel, Kochwäsche, chemische Reinigung und hohe Temperaturen beim Bügeln unempfindlich. Trockene Hitze schädigt das Gewebe, daher muss es zum Bügeln noch leicht feucht sein, Wäschetrockner sind ungeeignet.
Das Bleichen von Leinen ist problematisch. Vollbleiche führt zu Gewichtsverlusten von bis zu einem Fünftel. Das Färben von Leinen ist im Garn oder am Gewebe möglich. Das Blau der Berufsbekleidung ist auf das Färbeverhalten des Leinens zurückzuführen, das mit Naturfarben nur mit Indigo einigermaßen echt gefärbt werden konnte. Dies liegt an der Eigenschaft von Leinen als Zellulosefaser, die beim Färben keine chemische Bindung ermöglicht. Möglich ist die Färbung neben den genannten Küpenfarbstoffen mit der Klasse der substantiven Farbstoffe, dabei wird das Farbstoffmolekül (nur mechanisch gefangen) in das Knäuel des polymeren Zellulosemoleküls eingebaut.
Technische Faser
Die technischen Flachsfasern sind relativ steif und reißfest. Kombiniert mit ihrer geringen Dichte ergibt sich somit eine sehr hohe spezifischen Festigkeit und Steifigkeit, vergleichbar mit Glasfasern. Flachsfasern finden deshalb auch für technische Gewebe sowie als Ersatz für Asbestfasern Verwendung. Die Qualität der Fasern hängt jedoch stark von den Anbaubedingungen und Aufschlussverfahren ab, wodurch sich eine relativ große Streuung der Eigenschaften ergibt. Durch konsequentes Qualitätsmanagement lassen sich diese Schwankungen aber kontrollieren.
Verwendung
Leinen
Leinengewebe wurden traditionell für Bett- und Hauswäsche verwendet. In dieser Nutzung wurden sie von der billigeren Baumwolle verdrängt. Neue Einsatzgebiete wie Kleidung und Dekorationsstoffe kommen hinzu, besonders in Form handgewebter hochpreisiger Produkte. Leinen wird als Bezugsstoff für Bucheinbände verwendet, außerdem für Schuhe und Taschen. Namensgebend waren Leinenstoffe zum Bespannen für Leinwände in der Malerei. Leinenstroh findet zusehends eine große Bedeutung als Einstreu in der Pferdehaltung. Dazu verwendet man den holzigen Teil des Flachsstängels. Die Saugkraft ist zehnmal so hoch wie von gewöhnlichem Stroh, viermal so hoch wie bei Holzspänen.

Flachs: Stroh, Garn und Seile
Bezeichnung und Qualität

„Flachsstroh Garn Vlies und Seil“ von Florian Gerlach (Nawaro) - Eigenes Werk. Lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Flachsstroh_Garn_Vlies_und_Seil.jpg#mediaviewer/Datei:Flachsstroh_Garn_Vlies_u nd_Seil.jpg

Die CELC vergibt das masters of linen-Siegel, ein geschütztes Warenzeichen, an Leinenprodukte aus westeuropäischem Anbau. Die vier Zeichen mit dem stilisierten „L“ stehen für Qualitäten von Reinleinen bis Halbleinen.
In Deutschland gelten laut Textilkennzeichnungsgesetz (TKG) [13]die Begriffe Flachs oder Leinen für Bastfasern aus den Stängeln des Flachses (Linum usitatissimum) und Halbleinen für Erzeugnisse mit einer Kette aus reiner Baumwolle und einem Schuss aus reinem Leinen, bei denen der Anteil des Leinens nicht weniger als 40 % des Gesamtgewichts des entschlichteten Gewebes ausmacht, wobei die Angabe „Kette reine Baumwolle – Schuss reines Leinen“ hinzugefügt werden muss. Reinleinen muss in Kette und Schuss reine Flachsgarne enthalten. Das Kurzzeichen für den Faser-Rohstoff Flachs/ Leinen ist LI (Anteile von Rohstoffen in Mischgeweben); nur Leinen ohne andere Fasern darf als „Leinen, rein“ bezeichnet werden (sowohl Kette als auch Schuss nur aus Leinen).

ReinLeinen
Gewebtes oder gestricktes Leinen. In Produkten mit dieser Bezeichnung finden Sie reines Leinen. Bei Strickwaren besteht der Stoff aus 100 % Leinen. Bei Webwaren sind Kett- und Schussfäden aus 100 % Leinen.

HalbLeinen
Unter dieser Bezeichnung verbindet sich Leinen höchster Qualität mit den Vorteilen der Baumwolle. Die Kettfäden bestehen aus reiner Baumwolle, die Schussfäden aus 100 % Leinen. Mindestens 40 % Leinenanteil.

LeinenPlus
Die Bezeichnung für hochwertige Leinen-Mischungen mit Seide, Wolle oder Cashmere. Hier vereinigen sich die spezifischen Eigenschaften anderer edler Naturfasern mit denen des Leinens zu neuer Güte. Mindestens 30 % Leinenanteil.

Wirtschaft und Ökologie
Der Anteil des Leinens am weltweiten Faseraufkommens liegt nur bei rund zwei Prozent. Die größten Anbaugebiete sind China mit 161.000, die EU mit 102.740 (v. a. Frankreich und Belgien), Russland mit 89.210, Weißrussland mit 71.000, die Ukraine mit 23.600 und Ägypten mit 8.900 Hektar. In Deutschland mit 30 und Österreich mit 129 Hektar ist der Anbau bedeutungslos. Die Weltproduktion liegt bei rund zwei Millionen Tonnen jährlich. [14]
Der Großteil der Wertschöpfung beim Faserleinanbau erfolgt mit den Langfasern, die in der EU rund 88 Prozent des Umsatzes ausmachen. 2003 lag der Preis für die Tonne textile Langfasern bei 1.593 Euro, für textile Kurzfasern bei 345 Euro, für Kurzfasern für Papier bei 170 Euro, und für Kurzfasern für Dämmstoffe oder Verbundwerkstoffe bei 400 bis 500 Euro. Der Großteil der europäischen Langfaser-Produktion geht in den Export, vor allem nach China. [15]
Die Leinenproduktion ist im Unterschied zur Baumwolle auf wenig Chemikalieneinsatz (Dünger, Pestizide) angewiesen. Auch ohne moderne Technik kann Leinen hergestellt werden, jedoch ist die Produktion der Leinenfaser aufwendig und arbeitsintensiv. Baumwolle setzte sich erst mit der Industrialisierung durch, wobei dieser Trend zum Massenprodukt wiederum die Anbaumenge beeinflusste. Andererseits ist Leinen die einzige Naturfaser, die in kontrolliert biologischer Qualität aus heimischem Anbau (Westeuropa) auf dem Markt ist. Eine ökologische Herstellung von Flachsfasern in größerem Umfang ist durch die Probleme der Ernte und der Taurotte[16]begrenzt. Abwässer der Wasserrotte sind belastet, also ist die Taurotte empfohlen und wird gefördert.

Geschichte

Konservierte Überreste eines alten Leinengewebes aus dem Toten Meer

„Linen cloth“. Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Linen_cloth.jpg#mediaviewer/Datei:Linen_cloth.jpg

488 Flachsfasern – darunter 58 mutmaßlich gefärbte Fasern – gelten als die ältesten Belege für das Anfertigen von Kleidung. Sie stammen aus der Dzudzuana-Höhle in Georgien und wurden 2007 und 2008 aus einer Bodenschicht geborgen, deren Alter auf 36.000 bis 31.000 Jahre (yr B.P. ka) datiert wurde. [17][18] Die älteste Flachsverarbeitung Mitteleuropas ist in der tschechischen Höhle Dolni Vestonice nachweisbar und ist ca. 28.000 Jahre alt. [19] Ägyptische Mumien sind in Leinenstreifen gehüllt.
Von der griechischen und römischen Antike bis ins europäische Mittelalter war Leinen neben Wolle das Material für Kleidung. Seine Blütezeit hatte das Leinen im vorindustriellen Europa. Als Baumwolle noch nicht in großen Mengen importiert wurde, war Leinen (neben wenigen Ausnahmen) die einzige pflanzliche Faser. Bis Ende des 18. Jahrhunderts waren 18 % der verarbeiteten Fasern aus Flachs und 78 % aus Wolle. [20]
Im Mittelalter wurde Leinen (im Gegensatz zu Wolle) durch die schmutzabweisende Eigenschaft bevorzugt für körpernahe Verwendung eingesetzt, auf Grund seiner Stärke auch für Stoffpanzer. Da es schwer färbbar war, wurde es vorwiegend in blassen Tönen angeboten; deckende und dunkle Töne waren teuer. Leinen wurde lange Zeit nur in Handarbeit verarbeitet, später kamen auch industrielle Methoden hinzu. Bis ins 20. Jahrhundert wurde handgesponnenes, aber auch maschinell versponnenes Garn in Heimarbeit auf Handwebstühlen gewebt. Verarbeitet wurde das Leinen hauptsächlich in Irland, Holland, Westfalen, Sachsen, Schlesien und Böhmen.
Das Nationalsozialistische Regime forcierte im Rahmen seiner politischen Autarkiebestrebungen den Anbau von Flachs. Die Anbaufläche stieg von 5.000 ha im Jahr 1933 auf 100.000 ha im Jahr 1937. [21] Zur Verarbeitung der Faser wurden Flachswerke gebaut, so 1937 in Künzelsau.
Folgenden Qualitäten werden historisch unterschieden:
• Flachsleinwand – reiner Langfaserflachs in Leinwandbindung
• halbflächsene oder Halbhedeleinen – gewebt mit Garn aus Langfaserflachs und Werg
• Halblaken – gewebt mit Flachsgarn als Kette und Werggarn als Schuss
• Halbbaumwolle oder Halbleinen – gewebt mit Garn aus Baumwolle und Leinen
• Hausleinwand – von Hand gewebt
• irische oder irländische – gewebt mit Baumwolle als Kette und Flachsgarn als Schuss
• Weißgarnleinwand und Löwentlinnen – gewebt mit gebleichtem Garn
• Wergleinwand oder Hedeleinen – gewebt mit Garn aus Hechelwerg, oder umgekehrt.
Auch Gewebe aus Hanf in Leinwandbindung wurden als Leinen bezeichnet (Hanfleinwand).
Mit der Perfektionierung der maschinellen Baumwollverarbeitung zu Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das Leinen zuerst in Amerika und später, mit wachsenden Baumwollimporten, in Europa zurückgedrängt. Nach einem erneuten Tiefpunkt Anfang der 1980er Jahre, steigt der Verbrauch langsam an, wobei der Trend zu Naturgeweben, handgewebte Artikel und hochpreisige Kunsthandwerkgewebe sowie kulturhistorische Reproduktionen das Wachstum fördern.

Einzelnachweise
2. A. K. Mohanty, M. Misra, G. Hinrichsen: Biofibres, biodegradable polymers and biocomposites: An overview. Macromolecular Materials and Engineering, 2000, Ausgabe 276, S. 1–24.
3. Alois Kießling, Max Matthes: Textil - Fachwörterbuch. Fachverlag Schiele & Schön, Berlin 1993, ISBN 3-7949-0546-6, S. 216.
4. Paul-August Koch, Günther Satlow: Großes Textil-Lexikon: Fachlexikon für das gesamte Textilwesen. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1965, Bd. A – K, S248
5. Fabia Denninger, Elke Giese: Textil- und Modelexikon.8., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main 2006, Bd. A – K , ISBN 3-87150-848-9, S. 131.
6. Anton Schenek: Naturfaser-Lexikon. Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-87150-638-9, S. 63.
7. Dieser Abschnitt beruht vorwiegend auf: Frank Waskow: Hanf & Co. Die Renaissance der heimischen Faserpflanzen. Hrsg. vom Katalyse-Institut. Verlag die Werkstatt, Göttingen 1995, ISBN
8. Dieser Abschnitt beruht vorwiegend auf: Frank Waskow: Hanf & Co. Die Renaissance der heimischen Faserpflanzen. Hrsg. vom Katalyse-Institut. Verlag die Werkstatt, Göttingen 1995, ISBN 3-89533-138-4, S. 124–126.
13. TKG auf juris
14. Michael Carus u. a.: Studie zur Markt- und Konkurrenzsituation bei Naturfasern und Naturfaser-Werkstoffen (Deutschland und EU). Gülzower Fachgespräche 26, hrsg. von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V., Gülzow 2008, S. 15, 25, 33. (ohne ISBN).
15. Michael Carus: Studie zur Markt- und Konkurrenzsituation bei Naturfasern, 2008, S. 37ff.
16. www.nachhaltigwirtschaften.at: Faser- und Färbepflanzen aus ökologischem Anbau
17. Eliso Kvavadze u. a.: 30,000-Year-Old Wild Flax Fibers. In: Science. Band 325, 2009, S. 1359, doi:10.1126/science.1175404
18. Archaeologists discover oldest-known fiber materials used by early humans., eurekalert org vom 10. September 2009.
19. Frühmenschen: Nähen mit Flachs schon vor 34.000 Jahren, scinexx.de abgerufen am 11. Dezember 2012.
20. Ute von Reitzenstein: Flachs im 20. Jahrhundert unter ökologischer und ökonomischer Sicht. – Facharbeit
21. Dorf unterm Hakenkreuz, Begleitbuch zur Ausstellung im Hohenloher Freilandmuseum (2010)




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